Oder: Wo uns Deutschen die Worte fehlen…
Ob man das Wort „Himmel“ mit „sky“ oder „heaven“ übersetzt, macht einen großen Unterschied, es handelt sich um zwei völlig unterschiedliche Konzepte. Das gleiche Phänomen begegnet uns bei dem Wort „Spiel“ und dem zugehörigen Verb „spielen“. Im Englischen lassen sich diese als „game“ (bzw. „gaming“) oder als „play“ (bzw. „playing“) übersetzen und bedeuten auch hier sehr unterschiedliche Dinge. (Da fragt man sich natürlich, ob Deutsche besonders ernst sind und deshalb für Aktivitäten, die Spaß machen nicht so viele Worte brauchen :-)). Im Folgenden will ich diese beiden Begriffe und deren Bedeutungen definieren und voneinander abgrenzen.
Play
Unter play versteht man das ungebundene freie Spiel, bei dem kein bestimmtes Ziel verfolgt wird. Dieses Spiel hat keine Regeln und wird meist improvisiert. Es findet statt, wenn Kinder am Sandkasten spielen oder einen Wald erkunden. Das gleiche Verhalten findet auch in der Arbeitswelt statt, z.B. wenn während einer Besprechung mit Stiften gespielt wird oder Kästchen auf einen Block ausgemalt werden.
Game
Das Brettspiel „Die Siedler von Catan“ unterscheidet sich von den soeben beschriebenen Tätigkeiten. Hier gibt es ein klar definiertes Ziel (möglichst viele Punkte zu sammeln) und es gibt Regeln, die vorschreiben, wie dieses Ziel erreicht werden darf (welche Handlungen erlaubt bzw. verboten sind). Die Spieler stehen in einen Wettbewerb: Jeder Spieler versucht dieses Ziel zu erreichen und wer es zuerst schafft, hat gewonnen.
Beispiel: Computerspiele
Schauen wir nochmals in die Welt der Computerspiele. Der englische Begriff „Videogame“ zeigt, dass es sich bei Computerspielen meist um zielgerichtete Spiele handelt, in denen es Regeln und Vorschriften gibt. Die Grenze zwischen play und game kann aber nicht immer scharf gezogen werden, denn in vielen Spielen gibt es riesige Welten, die zum Erkunden und Ausprobieren einladen. Dies sind Verhaltensweisen, die unter den Play-Begriff fallen.
Gamification
Bei Gamification steckt „Game“ schon im Begriff selbst: Es geht auch hier um Spiele mit Regeln und Zielen. Dies ist nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass durch den Einsatz von Gamification versucht wird bestimmte Ziele zu erreichen (z. B. soll ein Verhalten häufiger ausgeführt oder ein Produkt gekauft werden).
Mischformen
Nicht selten begegnen uns Mischformen. Sehr deutlich wird das am Beispiel des tanzenden Ampelmännchens von smart:
Bildquelle: Screenshots aus dem Video „The Dancing Traffic Light“ von smart, Standard-YouTube-Lizenz auf YouTube. Abgerufen von https://www.youtube.com/watch?v=SB_0vRnkeOk am 19.01.2015 .
Tipp zum Weiterlesen:
Deterding, Sebastian; Dixon, Dan; Khaled, Rilla; Nacke, Lennart (2011): From Game Design Elements to Gamefulness: Defining „Gamification. In : Proceedings of the 15th International Academic MindTrek Conference: Envisioning Future Media Environments. New York, NY, USA: ACM (MindTrek ’11), pp. 9–15